Internationaler Frauentag ein Blumentag?
Frauentag hat auch bundesweit Potenzial als Anlass für Blumen
In Berlin ist er es bereits, in Mecklenburg-Vorpommern soll er es werden: Der internationale Frauentag als „Feiertag“. In den Medien erfährt der Weltfrauentag am 8. März dabei bundesweit mehr und mehr Aufmerksamkeit. Frauen werden an diesem Tag häufig Blumen überreicht. Ist dies angemessen und bietet sich der Tag für die Branche sogar an, um ihn stärker als Blumentag zu etablieren?
Ein Ost-West-Phänomen
Der Verband des deutschen Blumen- Groß- und Importhandels BGI e.V. sieht bei der Bedeutung des Weltfrauentages ein klares Ost-West-Gefälle. So kann der Blumenumsatz im Osten zum Frauentag in einigen Landesteilen mit dem bundesweit etablierten Muttertag mithalten. Ein 80 bis 100 % höherer Umsatz im Vergleich zu einer „normalen“ Woche in dieser Jahreszeit können einige Betriebe verzeichnen, anderen konnten den sehr guten Umsatz des Vorjahres zumindest um gut 10% steigern. Hinzu kommt, dass die Einkaufspreise rund um den Frauentag, anders als beim Valentinstag, nicht so sehr in die Höhe schießen. Da zurzeit weniger Importe nach Osteuropa stattfinden, war in diesem Jahr darüber hinaus mehr Ware am Markt, was beispielsweise die Chrysanthemenpreise seit beinahe 2 Jahren erstmals wieder sinken ließ. Allerdings werden die guten Ergebnisse durch die allgemeine Preisentwicklung im Zusammenhang mit den Energiepreise wieder relativiert. Dennoch lässt sich eindeutig feststellen, dass die Blumenhändler im Osten mit dem Frauentag einen zusätzlichen starken Blumentag auf der Agenda haben.
Gutes Firmenkundengeschäft
Während der Muttertag die Rolle der Frau in der Familie würdigt, ist der Weltfrauentag eine Anerkennung der Rolle der Frau in Gesellschaft und Beruf. Der Frauentag wird weniger privat sondern öffentlich begangen. So werden in den östlichen Bundesländern in den Firmen häufig Blumenpräsente an die Arbeitnehmerinnen überreicht. Dabei geht es bei der Gestaltung eher kräftig bunt und frühlingshaft zu – verspieltes Rosa oder gar die „rote Nelke“ spielen keine Rolle. „Das ‚Danke-sagen‘ mit Blumen hat in letzter Zeit wieder an Attraktivität gewonnen“ beschreibt ein Blumengroßhändler seine Eindrücke. „Es ist nicht nur eine Geste, sondern eine wirkliche, individuelle Wertschätzung, die sich auch im Preis der gekauften Sträuße zeigt.“ Der Großhändler selbst überreicht am Frauentag auch allen Floristinnen einen personalisierten Strauß und stellt fest: „Darüber wird sich sehr gefreut!“ Im Gegensatz zum Osten spiegelt sich im Westen und Süden der Frauentag in den Absatzzahlen noch kaum wieder. Hier führt eher das zurzeit sonnige Wetter zu einem Anstieg der Umsätze. Eine in diesem Jahr auffällig starke Medienpräsenz des Weltfrauentags könnte jedoch ein Hinweis darauf sein, dass dessen Bekanntheitsgrad auch in den westlichen Bundesländern weiter anwachsen wird.
Der Frauentag thematisiert Missstände
Ein Blick in die Geschichte des Frauentags in Deutschland gibt Hinweise auf einen möglichen Umgang mit seinen Themen: Ursprünglich als Kampftag für das Frauenstimmrecht durch die Frauen der Sozialistischen Partei Amerikas 1909 ins Leben gerufen, inspirierte diese Bewegung auch die Frauen in Europa und tut dies noch heute. Wurde in der DDR die Werktätige als „Aktivistin der Arbeit“ mit einem Festakt und Blumen vom Arbeitgeber geehrt, geht es beim Frauentag heute um mehr, als den Dank für geleistete Arbeit.
Dabei erscheinen Themen wie Gleichstellung im Beruf, bei Aufstiegsmöglichkeiten und Bezahlung sowie mehr Rechte gegen Gewalt und Sexismus, die heute in der politischen Berichterstattung im Mittelpunkt des Frauentags stehen, für ein erfolgversprechendes Blumenmarketing möglicherweise zu polarisierend. Die Bilder und Assoziationen, die der Muttertag bietet, sind im Vergleich dazu warm und positiv. Der Frauentag thematisiert hingegen Missstände. Im Kampf um Geschlechtergerechtigkeit und gegen strukturelle Diskriminierung klingen die Ziele des Frauentages oft nicht viel anders als vor einem Jahrhundert, da sich in vielen Bereichen die Strukturen nur langsam ändern. Dass „laute“ Frauen nicht mehr den ihnen zugestandenen Platz einnehmen wollen, empfinden einige als Provokation. Und tatsächlich: Wenn Gendersternchen und Frauenquote die Wellen der Empörung hochschlagen lassen, bleibt der Frauentag für man(n)chen ein unbequemer Kampftag oder schlicht „Weiberkram“.
Blumen als Symbol der Unterstützung
Sind Blumen zum Frauentag also zu klischeehaft und zu sehr im traditionellen Frauenbild verhaftet? Hier kommt es auf die Geste des Überreichens an und auf die Kommunikation im Handel und in den Medien rund um den Frauentag. Blumen zum Frauentag sind ein Ausdruck der Wertschätzung starker Frauen. Der Blumenstrauß zum 8. März ist auch ein Zeichen der Solidarisierung mit den Rechten der Frauen und ihrem Streben nach Gleichstellung. Dabei sind die Blumen kein Ersatz für eine angemessene Entlohnung und akzeptable Arbeitsbedingen, sondern eine Anerkennung der Rechte und der Leistung der Frau in der Gesellschaft, im Berufs- und Privatleben und vor allem ein Symbol der Unterstützung. Also ein absolut angemessener Grund am Frauentag Blumen zu überreichen, und das in ganz Deutschland.